Reinhard Mey: Nein, ich lass dich nicht allein
Nein, ich lass dich nicht allein
Nein, ich lass‘ dich nicht allein
Ich sitze einfach hier
Ich bleibe hier bei dir
So lange wie es dir gefällt
Ich habe alle Zeit der Welt
Ich muss nirgendwo pünktlich sein
Ich lass‘ dich nicht allein
Wir machen uns genau wie damals eine schweinegute Zeit
Lennie und George, du weißt Bescheid:
„Mäuse und Menschen!“ Und ich werde
Uns was vom Pizzamann bestell’n, und einen 90er Bordeaux
Sind wir uns schuldig, sowieso!
„Und wir leben vom Fett der Erde“
Ich hol‘ die alten Platten raus, die schönen, schwarzen aus Vinyl
Die voller Kratzer und Gefühl
Was ist, Chet Baker oder Haydn?
Und wenn du willst, dann les‘ ich dir aus deinen Lieblingsbüchern. Was?
„Stimmen“ oder „Der Kontrabaß“,
„Puh“ oder „Der Wind in den Weiden“?
Nein, ich lass‘ dich nicht allein
Ich sitze einfach hier
Ich bleibe hier bei dir
So lange wie es dir gefällt
Ich habe alle Zeit der Welt
Ich muss nirgendwo pünktlich sein
Ich lass‘ dich nicht allein
Ich kram‘ die Fotoalben vor. Hier, sieh mal, das war vor zwölf Jahr’n
Da sind wir nach Saint-Jean gefahr’n
Und auch in Lourdes vorbeigekommen
Und von der Quelle mit dem Rummel, der dir jeden Glauben raubt
Hast du für Hans, der daran glaubt
Einen Kanister mitgenommen
Und als kurz vor Vic-Fézensac das Auto Kühlwasser verlor
Holtest du den Kanister vor
Um ihn andächtig aufzuschrauben
Dann fülltest du den Kühler auf, ich traute meinen Augen nicht
Doch seitdem ist der Kühler dicht!
Da soll man nicht an Wunder glauben?!
Nein, ich lass‘ dich nicht allein
Ich sitze einfach hier
Ich bleibe hier bei dir
So lange wie es dir gefällt
Ich habe alle Zeit der Welt
Ich muss nirgendwo pünktlich sein
Ich lass‘ dich nicht allein
Ich hab‘ ihn noch, den alten Bus, Cassetten, voll das Handschuhfach!
Komm, wenn du willst, ich bin hellwach
Wir fahr’n die Nacht durch in den Morgen
Bis auf die Insel, bis ans Meer, wir haben Zeit genug
Bis fünf. Vorm ersten Autozug
Werd‘ ich uns zwei’n Kaffee besorgen
Den großen Parkplatz überm Kliff ha’m wir den ganzen Tag allein
Um diese Zeit ist da kein Schwein
Kommt dir kein Fremder mehr entgegen
Draußen vorm Fenster geht die See, der Sturm rüttelt an unserm Karr’n
Hier drinnen haben wir es warm
Und auf das Dach trommelt der Regen
Nein, ich lass‘ dich nicht allein
Ich sitze einfach hier
Ich bleibe hier bei dir
So lange wie es dir gefällt
Ich habe alle Zeit der Welt
Ich muss nirgendwo pünktlich sein
Ich lass‘ dich nicht allein
Mag sein, dass dich mein Reden nervt, und ich erzähle dich hier voll
Sag einfach, wenn ich still sein soll
Und ich bin Weltmeister im Schweigen
Ich schwör‘ dir, wenn du etwas brauchst,
wenn es dir wirklich zu schwer fällt
Hol‘ ich das beste Zeug der Welt
Du musst es mir nur einfach zeigen
Und wenn du frei und ohne Angst, ganz nah am Wegesende bist
Dein Herz ganz leicht geworden ist
Dann geh, ohne dich umzusehen
Eh meine Last dich niederdrückt, eh meine Schwere dich noch hält
Wenn du es willst, wenn’s dir gefällt
Lass‘ ich dich los, lass‘ ich dich gehen